Acrylfarben gesundheitsschädlich?

Joachim

Forum-Guru
Da ich mal wieder mit Umbauarbeiten kämpfe, habe ich mir für die nächsten Wochen eine behelfsmäßige Malerecke im Schlafzimmer eingerichtet. Ölmalerei geht dort gar nicht, weshalb ich mich ganz der Acrylmalerei zuwenden wollte. Stellt sich nur dei Frage, ob die Acrylmalerei wirklich so harmlos ist, wie sie oft dargestellt wird. Kann mich schwach an einen sehr alten Beitrag hier erinnern, in dem (ich glaube sie nannte sich damals "MaGie") zum Ausdruck kam, das auch Acrylfarben giftige Stoffe in die Raumluft abgeben. Die Informationen im Netz dazu sind dürftig. Das auch in vielen Acrylfarben Füll-und Verlängerungsstoffe, Pilz- und Schimmelhemmer entalten sein können, habe ich schon rausbekommen. Diese Stoffe sind gesundheitsschädlich und Krebserregend und können beim Trocknen in die Raumluft ausgasen. Bislang dachte ich immer, dass nur das verdunstende Wasser an die Raumluft abgegeben wird. Und was ist mit Künstleracrylfarben, wie die von Golden oder Old Holland, die behaupten, dass sie nur mit Reinacrylaten arbeiten und auf alle anderen Stoffe verzichten würden? Gasen Reinacrylate auch schädliche Stoffe aus?
Würde mich über weitere Informationen dazu freuen und steige sicherheitshalber erst mal auf Gouachefarben um.

LG Joachim
 

Farbfantasien

Forum-Guru
Hallo Joachim,
ich kann nur davon reden, dass ich festgestellt habe, dass einige Studienfarben (u.a. boesner) ziemlich unangenehm riechen.
Boesner hat vor einigen Jahren scheinbar die Rezeptur geändert und seitdem stinkt´s gewaltig *gg*.
Die Farben von Golden riechen überhaupt nicht, was aber nicht heißt, dass nicht trotzdem Schadstoffe in die Luft abgegeben werden....
Ich kann dir da leider nicht weiterhelfen.
 

levina

Senior Mitglied
jeder Hersteller ist verpflichtet, für seine Produkte ein Sicherheitsdatenblatt zu veröffentlichen. Darin sind die Gefahren für Mensch und Umwelt beschrieben. Oft passiert dies in einer standardisierten Form über die sog. R- und S- Sätze. Darin findest du Angaben wie: hat krebserzeugende Eigenschaften, kann das Erbgut schädigen usw.

Ich habe mal beispielhaft für Schmincke Acrylfarben danach gesurft und habe dann mal für einen der Inhaltsstoffe die R- und S- Sätze nachgeschaut. Die enthielten schon Warnhinweise, die auf eine Gesundheitsschädlichkeit schließen lassen. Aber wie immer ist das eine Frage der Dosis und Expositionsdauer.
Ich staune oft, wie leichtfertig Künstler damit umgehen und z.B. arglos auch mit den Fingern malen....
 

Joachim

Forum-Guru
Danke Euch vielmals fürs antworten!
Du hast natürlich Recht, Karin, die Dosis macht es. Im Schlafbereich sollte man sicher vollständig auf Acryl- und Ölmaltechniken verzichten und im Atelier muß für ordentliche Lüftung gesorgt werden.
Die Primacrylfarben von Schminke riechen, wärend die Golden Acrylics fast geruchsneutral sind. Lässt man die noch gefüllte Feuchtpalette länger geschlossen liegen und macht dann später den Deckel auf, schägt dir ein übler Geruch entgegen, was sehr an Chemiefabrik erinnert. Während des malens nimmt man diesen chemische Chocktail nicht so sehr wahr, da die Giftstoffe dann langsamer an die Raumluft abgegeben werden.
Die Sicherheitsblätter versichern Dir unterm Strich meist nur, dass sie die jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen einhalten, wass leider nicht sehr viel aussagt.

LG Joachim
 

Motte

Forum-Guru
Ich wäre im Traum nicht drauf gekommen, das in den Farben schädliche Stoffe enthalten sind, wieder was dazu gelernt, vielen Dank!!!
 

Beowulf

Aktives Mitglied
Hmmm, auf der Website von Lascaux steht z.B. folgendes:
Lascaux Farben sind ungefährlich gemäss der schweizerischen Chemikalienverordnung und den geltenden EU-Richtlinien. Um die Farben gegen den Befall durch Mikroorganismen und Pilze zu schützen, geben wir kleine Mengen Konservierungsmittel zu, wie sie auch in Haushaltsprodukten verwendet werden.

Meine Empfehlung ist, nur Farben zu verwenden die wenig bis gar nicht riechen (da sind die Acrylmarken keineswegs gleich), und beim Trocknen stets für eine gute Lüftung zu sorgen. Nicht mit den Fingern malen und Farbe sparsam einsetzen. Airbrush nur mit entsprechendem Atemschutz einsetzen.

Ob (gekaufte) Guachefarben wirklich gesünder sind, das sei mal dahingestellt. Sie müssen ja auch irgendwie konserviert werden.
 

Joachim

Forum-Guru
Danke Euch!!!

Ja, Beowulf, letztlich kann man sich nur in Richtung des kleinsten Übels orientieren und ob Gouachefarben wirklich dazugehören weiß ich nicht. Sie sind wenigstens geruchsneutral.

LG Joachim
 

tigerlilly

Senior Mitglied
Hallo Beowolf, danke dir.
Meine Farben riechen nicht. Da habe ich wohl Glück.


Joachim, dir danke ich für die Fragestellung.
 

levina

Senior Mitglied
hmm, Vorsicht. Unsere Diskussion hat gerade eine ähnliche inhaltliche Tiefe wie bei den Pilzsammlern, die meinen, ein Pilz der gut riecht, ist auch ungiftig.
Letztendlich kann man hier gar keine fundierten Pauschalaussagen treffen.
Die verschiedenen Pigmente in den Farben bestehen aus den unterschiedlichsten chemischen Verbindungen. Einige davon, die aber aus modernen Farben weitgehend verbannt sind, sind eindeutig toxisch.
Bekannt ist hier z.B. das von vielen Malern sehr geliebte Bleiweiß. Auch die echten Kadmiumfarben sind kritisch zu sehen.
Sehr ähnlich ist dagegen die Zusammensetzung der Bindemittel und Zusätze in den Farbpaletten eines Herstellers.

Bei Acrylfarben ist davon auszugehen, dass die Gefährdung bei bestimmungsgemäßer Handhabung als eher gering anzusehen ist. Das heißt, die durch Verdunstung abgegebene Chemikalienmenge, die inhalativ in den Körper gelangt, dürfte eher gering sein. Die Menge korreliert nicht immer (aber oft) mit dem riechbaren Ausdünstungen. Der andere Aufnahmeweg in den Körper ist aber natürlich durch Hautkontakt. Hier muss man sich wie gesagt informieren, welche Pigmente und auch Zusatzstoffe mit welchen Eigenschaften enthalten sind. Auch hier würde ich in der Regel davon ausgehen, dass namenhafte Hersteller keine stark gefährdenden Inhaltsstoffe verwenden.
 

Beowulf

Aktives Mitglied
Nun, die Giftigkeit mancher Pigmente beschränkt sich auf den direkten Kontakt mit ihnen (nicht auf Ausdünstungen) und sind im Prinzip unabhängig vom Medium. Bleiweiß ist - soweit ich weiß - hier in Deutschland nur für Restauratoren erlaubt. Die Kadmiumpigmente sollen vor allem bei Verbrennung gefährlich sein.
Sind die Pigmente jedoch minderwertiger Herkunft, könnte ich mir aber auch vorstellen, dass diese irgendwie verunreinigt sein könnten. Aber dieses Problem beträfe dann nicht nur Acryl, sondern eben auch Tempera, Gouache und Aquarell.

Was den Geruch angeht, fehlt mir das Wissen, ob es auch (nahezu) geruchslose Konservierungsmittel gibt... und ob diese trotzdem schädlich sein können. Ich weiß nur aus eigener Erfahrung, das manche Acrylfarben stark riechen und das Arbeiten mit ihnen auf Dauer Kopfschmerzen und Übelkeit bereiten kann. Und ja, da war auch ein sehr namhafter Hersteller darunter. Vorsichtig sein sollte man aber generell bei sehr günstigen Eigenmarken diverser Künstler-Versandhäuser. Da war teilweise schon echt krasser Mist dabei. Das betrifft nicht nur die Farben, sondern auch sämtliche Malmittel, sei es Malgel, Strukturpaste, Firnis...

Firnis riecht übrigens meist etwas mehr als die eigentlichen Farben der gleichen Marken, wahrscheinlich sollen bestimmte Inhaltsstoffe ein besonders gleichmäßiges und robustes Finish gewährleisten. Dieses Problem betrifft aber leider alle Malmedien, nicht nur Acryl.
 

ErnstG

Senior Mitglied
Tja Achim, darum male ich wahrscheinlich instinktiv nicht mit Acryl,
sondern nur mit Aquarellfarben und das überwiegend im Freien!
Scherz am Donnerstag.
Wer weiß schon sicher, was in den Mischungen alles enthalten ist?
Angefangen von Antischimmelmittel bis hin zu sonstigen Zutaten, die
Farben haltbar machen. Ein Cocktail wie bei den Lebensmitteln, die
man auch nur träge und auf das notwendigste beschränkt deklariert.
Besonders bei synthetischen Farben habe ich ein mulmiges Gefühl,
egal von welchem Medium.

Ernst
 

Inge

SUPERVISOR
M. E. sind es überhaupt nicht die Füll- und Konservierunsstoffe, sondern loses Pigment, das die größte Gefahr darstellt und doch z. B. in Kindergärten arglos verwendet wird. Diese winzigsten (oft Schwermetall-)Teilchen geraten in die Lunge, wenn sie - wie z. B. bei Pastellkreiden - lose herumfliegen.
Sind sie - wie beispielsweise in Ölpastell oder Ölfarbe - gebunden und kommen nicht mit dem Körper in Berührung, dürfte die Gefahr zu vernachlässigen sein.
Dann sind es tatsächlich Verflüssigungs- Konservierungs- und Füllstoffe.
Pures Leinöl der Ölfarben tut dir nichts, Verdünner braucht man heutzutage bei den neuen Ölfarben ja nicht unbedingt.

Wenn man ganz sicher gehen möchte, Pastelle, Terpentin(ersatzstoffe) meiden sowie Acryle gemäß Ausführungen der Vorschreiber verwenden
 

Joachim

Forum-Guru
Danke Euch für die Informationen und Beiträge!!!
Habe mir meine Farben nochmal genauer angeschaut und festgestellt, dass einige mit einem Siegel, auf dem in der Mitte die Buchstaben AP stehen, gekennzeichnet sind. Das AP-Siegel soll wohl für die gesundheitliche Unbedenklichkeit und für Ungiftig stehen. Von meinen Farbvorräten sind die Aquarellfarben (Tuben) von W&N und die Acrylfarben von Old Holland (von beiden die Künstlerqualität) mit diesem Siegel versehen.
Dann werde ich wohl meine wenigen Acryltuben von Old Holland etwas aufstocken und beim Malen trotzdem ordentlich lüften.

LG Joachim
 

Beowulf

Aktives Mitglied
Das klingt vernünftig, Joachim! :) Meine Liquitex-Farben haben dieses Symbol übrigens auch drauf.

PS: Das alles ist übrigens einer der vielen Gründe, warum ich Eisenoxide so sehr als Pigment schätze: Billig, absolut lichtecht, ungiftig.
 

Beowulf

Aktives Mitglied
Ja, da steht einiges richtiges drin. Die Kennzeichnung ohne Label ist mir bei den Lascaux-Farben auch aufgefallen.

Auch der inflationäre Gebrauch von Sprühmedien ist mir aufgefallen. Ich benutze sowas nicht mehr, weder als Sprühfrinis, noch als Airbrush oder Sprühfarbe.
Es wird vor allem bei Acryl immer und immer wieder vor der ach so gefährlichen "Unterbindung" gewarnt, weshalb immer wer weiß wie viel Binder in die Farbe reingeklatscht wird, damit auch ja nichts abgeht... Der Untergrund nimmt danach aber nur noch wenig Farbe auf, viele Maltechniken sind nicht mehr oder nur noch unzureichend anwendbar, es trocknet alles immer ungleichmäßiger auf... und es entstehen halt immer mehr Ausdünstungen.

Oder in vielen Workshops (egal ob online oder nicht) wird immer wieder gerne mal die Farbe pur aus der Tube aufs Bild geklatscht, weil die Welt ja unbedingt das nächste grob gespachtelte abstrakte Kunstwerk braucht. Da wird das Gesicht ständig über große Mengen trocknende Farben gehalten. Und danach muss das gute Kunstwerk ganz dick in Sprühfirnis genebelt werden. Ganz besonders liebe ich Leute, die ihr Bild quasi am Spülbecken malen, und ständig große Mengen an Farbe ohne Handschuhe abwaschen und in die Kanalisation sickern lassen.
Macht sowas bitte nicht.
 

Joachim

Forum-Guru
Habe im Netz noch etwas zum Theme gefunden.
acryl-farbe.de/farbe/gesundheitsgefahr.html

In diesem Beitrag kommen Acrylfarben nicht so harmlos daher, wie oft zu lesen ist. Sie enthalten Fungizide, Biozide, Formaldehyd und andere mikrozide Wirkstoffe. Da Acrylfarben in Tuben, Flaschen usw. schnell verderben, sind Schimmel und Fäulnis die Folge. Das macht es notwendig entsprechende Konservierungsstoffe einzusetzen. Die von mir gerne und viel genutzte Feuchtpalette verschlimmerte das Problem noch, da diese Schadstoffe die ganze offene Zeit über in die Raumluft ausgasen konnten. Nach längeren Acrylmalsitzungen bekam ich oft leichte Kopfschmerzen, was ich bei keiner anderen Maltechnik je hatte. Das war auch ein Grund, weshalb ich dieses Thema eingestellt hatte. Aus diesen Gründen werde ich zukünftig Abstand von der Acrylmalerei nehmen. Das ist natürlich ein Verlust, mit dem ich aber leben kann. Mit Ölfarben, Gouache und Aquarell habe ich keinerlei Schwierigkeiten und immer noch ein breites Betätigungsfeld.

LG Joachim
 

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