Ist das unten rechts 'ne Schultüte und darüber ein Ball ?
Ja, wenn Du das willst, liebe Anja, dann sind das 'ne Schultüte und 'n Ball.
Mir ging's damals hauptsächlich um die Farbkomposition und etwas darzustellen, was es in der Realität nicht gibt.
Ich muss etwas ausholen:
Bevor ich gegenständlicher wurde, indem ich mich mehr dem Surrealismus zuwandte, war ich mehr in der Abstraktion zu Hause. Ich hatte nie ein Thema im Sinn, wenn ich ein Bild begann. Ich setzte einfach Kopfhörer auf, ließ mich von der Musik treiben und kritzelte einfach drauf los. Und erst während dieser Kritzelei entwickelte sich etwas auf dem Papier und in meinem Kopf. In diesem Fall war's erstmal 'ne Insel, die irgendwo rumschwebte und mir gefiel. Aah ja, da mach' ich noch eine von, und noch eine. Und damit die nicht alle allein irgendwo rumschweben mussten, beschloss ich sie irgendwie zu verbinden. Nun es sollte schon etwas Originelles, etwas Unrealistisches sein. Eine Phantasie-Pflanze? Ja, das isses, das mach' ich. Eine Pflanze, die alle Inseln berührt, unten einem "Wurzelballen" entspringt und oben in der Blüte endet. Natürlich nicht auf geradem, direkten Weg, sondern etwas verschlungen, und vielleicht noch die eine oder andere Überraschung unterwegs (z.B. unterwegs durch einen Ring zu wachsen). Die "Schultüte" und der "Ball" sollten lediglich die optische Leere unten rechts kompensieren.
Ich beginne auch heute häufig noch auf diese Art, allerdings habe ich mittlerweile immer öfter zuerst eine Idee (ein kpl. Motiv eher seltener), die ich versuche bildlich darzustellen, und schaue dann was daraus wird. Dann sehe ich mir das Werk häufig stundenlang an und warte auf den zündenden Gedanken, wie's denn weitergehen könnte. Will der sich einfach nicht einstellen, dann fange ich einfach wilde Kritzeleien an und gucke, was dabei entsteht (als wenn man in die Wolken sieht und dort irgendwelche Fantasie-Gebilde entstehen). Oder ich lege das Bild beiseite und widme mich einem anderen, zu dem mir schon etwas eingefallen ist. Oder ich beginne ein neues.
Ich entwickle das Bild während es entsteht. Hört sich vielleicht komisch an, is aber so.
Etwas darzustellen, was es in der Realität nicht gibt, ist dabei mein Motor. Ich finde es faszinierend Welten, Landschaften, Dinge erschaffen zu können, die nur in meiner Fantasie existieren. Und in meinen Welten ist automatisch immer alles richtig. Vielleicht ein falsch gesetzter Schatten? Gibt's bei mir nicht. Vielleicht hat meine Szene ja drei oder mehr Sonnen? Ein Perspektiv-Fehler? Gibt's bei mir nicht. Es sind meine Welten und ich bestimme dort die physikalischen Gesetzmäßigkeiten.
Ich bin Gott in meinen selbsterschaffenen Welten und kann dort tun oder lassen was ich will.
Das ist fantastisch. Das ist es, was mich antreibt.
Früher hab' ich absichtlich Fehler in meine Bilder eingebaut, um den Betrachter zu überraschen.
Das Bild ist übrigens 'ne Kopie aus'm Copy-Shop. Das (verschenkte) Original ist heller. Vor allem oben die Blume(?) und der "Ball". Im Original sind die Schattenzonen deutlich heller, der "Ball" ist mehr orange als grau.