Frei Zeichnen: Kopf simpel

Inge

SUPERVISOR
Für all diejenigen, die sich an Köpfe nicht herantrauen oder meinen, dazu Pauspapier zu brauchen, hier die 101-Version.
Da braucht ihr erstmal überhaupt nicht zeichnen können.
Weder Augen, noch Mund, noch Nase, noch sonstwas.
Außer etwas dunkle Flecken :00000285:
Und ein Ei.
Material: ein weicher Bleistift und ein Papierwischer
Am Anfang ist - wie fast immer - das Ei....
...und das nicht mal besonders ordentlich.
Egal.
 

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Inge

SUPERVISOR
So, dann einfach das Ei in der Höhe in vier Teile, in der Breite auf gut der Hälfte Höhe in fünf gleiche Teile teilen (dürft ruhig dünne Hilfsstriche machen, die gehen später im Gesamtkonzept unter oder werden weggenommen.

So, jetzt geht's los mit dem Fleckenmachen.
Wir zeichnen nämlich kein einziges Gesichts-Detail, sondern NUR, AUSSCHLIESSLICH, EINZIG UND ALLEIN die Tiefen und die Schatten.
In praktisch die ganze obere Hälfte kommt erst mal - gar nichts!

Das war einfach.:00000295:

Erst an deren ganz unterem Übergang zur Unteren Eihälfte kommen die Schatten, die die Wülste über den Augen werfen. Die Augen sind orientierungsmäßig an Querstück 2 und 4 von den fünfen, also

Schläfe - Auge - Augenhöhlenwinkel/Nase/Augenhöhlenwinkel - Auge - Schläfe.

Aber die zeichnen wir ja nicht, sondern die tieferliegenden Stellen, die sich rechts und links der (ja weiter vortretenden) Nase befinden.

Der Schatten, den die Nase wirft, kommt praktisch schon fast auf 3/4 Eitiefe und der Rest (da dann auf ca. der Hälfte der verbliebenen Strecke bis zum Ei-Unterende) ist ein breiterer Schatten unter der (nicht zu zeichnenden) Oberlippe und ein etwas leichterer, schmalerer Schatten unter der Unterlippe (wenn sie denn da wäre).

Soweit Klar?
Wie man sieht, gibt es bisher nichts Wesentliches einzuhalten, als ungefähr die angegebene Platzierung. Gerade, schief? dunkel? hell? Pah, egal. Noch alles im Fluss.
 

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Inge

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Der Menschenkopf wird - wie auch ein Ei :00000295: plastischer, wenn man die weit entfernten Stellen dunkler tönt als die nah beim Betrachter befindlichen.

Also ruhig am Eierrand etwas eintönen.

Den Menschenkopf unterscheidet vom Ei, dass er Wangen hat. Diese Wangen werfen Schatten. Also dort, wo das Ei nach unten schmäler wird, etwas heftiger beflecken.
Augenhöhlen sind dort am dunkelsten, wo sie am weitesten vom Betrachter weg UND am tiefsten unter der Beschattung des Brauenwulstes sind.
Also dort kräftige Flecken hin.
Da, wo der nichtgezeichnete Mund wäre, einfach nur in etwa einen länglichen recht dunklen Fleck machen, den man gerne in der Mitte kurz ein kleines Bögelchen nach unten geben darf.
Begründung: Die Oberlippe wirft immer einen Schatten auf die Unterlippe und ist auch selber (weil ja vom Licht abgewandt) beschattet.
Dort, wo die (nicht gezeichnete) Unterlippe nach unten hin zuende sein sollte, auch einen schmalen Schattenfleck hinlegen.

Und da, wo die Nase nach unten aufhört, also oberhalb des untersten Eibereiches, einen recht kräftigen Fleck Platzieren. Der hat recht oft Wellenform, in der Mitte die tiefe Stelle. Dann gibt es meist noch einen nicht ganz so dunklen Fleck von der Nasenunterseite mittig bis Richtung Mund (ihr wisst schon, das Grübchen!)
 

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Inge

SUPERVISOR
Egal, welche Haare der Eiermensch später bekommt, die werfen auf alle Fälle auch Schatten. Daher diese Bereiche schon mal dunkler einfärben.

Der Hals kann später ungefähr die Breite der Augen-Außenkanten bekommen, aber den zeichnen wir ja nicht ....sondern den Schatten drauf.

Und der ist DUNKEL, denn der ganze Kehl-Kinnbereich beschattet ja.
Der Kinnbereich selber wird auch dunkel getönt, denn je weiter nach unten man in dieser Rundung geht, desto weniger Licht kann drauffallen. Ganz abgesehen davon, dass bei Männern oft da schon durch den Bartwuchs der Eindruck von Dunkelheit entsteht.
MERKE: Alle Bereiche, deren Erhabenheit ich suggerieren will (Nase, Brauenwulst, Oberlippe, Unterlippe, Kinn gegenüber dem Hals...) müssen Schatten erhalten.
Auch die Augen bleiben nicht strahlend-Zombiweiß, sondern sind mindestens im oberen Bereich beschattet. Obere und untere Wimpernreihe werfen ebenso Schatten.

Viele Menschen haben - je nach Alter und Disposition - Nasen-Labial-Falten bzw. Falten im Nasenrücken- und/oder Augenaußenbereich und/oder Hängelieder, was sich durch entsprechende Schattenflecken-Platzierung wunderbar andeuten lässt und bei einem Portrait den Wiedererkennungswert steigert. Dann sind noch die Mundwinkel Vertiefungen und daher einzudunkeln.

Bis zum Ende ist hier also kein einziges Detail nach dem Motto "Punkt, Punkt, Komma, Strich" eingefügt. Trotzdem ist es eindeutig schon ein Gesicht mit entsprechenden Eigenschaften.
Ohne Schatten keine Plastizität.
Der Rest ist dann relativ einfach, vielleicht mache ich es ja dieser Tage noch fertig. Es brauchen ja jetzt nur noch die Details eingetragen werden, mit denen die meisten Leute ihre Zeichnungen anfangen (und sich dann rumärgern, dass nichts funktioniert...) Der Vorteil: Striche können - ganz abgesehen, dass ein Gesicht eigentlich nicht aus Strichen besteht, sondern aus Flächen - an falscher Stelle sitzen. (Schatten-)Flächen können beliebig ausgedehnt, abgedunkelt, mit dem Knetgummi aufgehellt oder verschoben werden.
Nur zu, Fleckenmachen kann jeder! :00000299:
 

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Inge

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Und so weiter, und so fort.
Die Augen und Augenbrauen
Zu den Augen wichtig: Kein Mensch hat zwei gleiche Augen, also ruhig etwas die Formen unterschiedlich gestalten. Gleiche Augen schauen immer etwas künstlich und - Verzeihung - dämlich drein.
Pupillen sind nie ganz sichtbar, es sei denn, jemand reißt in Schreck oder Erstaunen die Augen auf. Augäpfel sind - wie der Name schon sagt, rund und keine Scheiben. Deshalb müssen auch sie rund definiert werden: rechts und links durch Dunklerfärben "wegdrücken", im mittleren Bereich der unteren Rundungshälfte (also der Halbkreis um die Iris) heller lassen.


Sollte das Ei etwas schielen, kein Problem. Auch da hilft: Erst mal keine festen Ränder um die angepeilte Pupillenlage legen, sondern per Fleck definieren. Da kann man dann auf der ein oder anderen Seite noch dranstückeln.

Augenbrauen dürfen beim Mann etwas kräftiger ausfallen.
 

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Inge

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Dann die Haarpracht.
Obwohl die Matte dieses Eiermannes ja noch recht schütter ist, habe ich schon mal fotografiert. Gerade im Ansatzbereich um das Gesicht wäre es nicht schlecht, einige Strähnen zu definieren. Danach braucht man eigentlich auch nicht so einen Kult zu betreiben. So lange die Gesamttendenz (unten/innenliegendes Haar dunkler, Deckhaar - da beleuchtet - heller) ist, stimmt die Richtung.
Für die Strichelung gilt: Es heißt normal, in Wuchsrichtung stricheln. Ich bin ein Verfechter der Gegenrichtung. Begründung: Man setzt den Blei gewöhnlich fester auf, als man auslaufen lässt. In Wuchsrichtung gestrichelte Haaransätze sehen daher oft aus, als hätte die portraitierte Person ein Talgdrüsen-Problem....
 

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Inge

SUPERVISOR
Bleibt eigentlich nur hinzuzufügen, dass sich diese Eier-Fleckenmethode phantastisch für alle Techniken eignet, die flächigen bzw. moderat zu steuernden Farbauftrag erlauben, wie Graphitpulver- oder Öl-Trockenpinseltechnik.

Ich hoffe, ich habe wieder etwas Lust auf das Freischwimmen von Kopierpapier, Raster & Co. gemacht.
:00000299:
 

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