Frei Zeichnen: Pferde

Inge

SUPERVISOR
Frei zeichnen, SICH frei zeichnen ist der Wahnsinn, denn die ganze Welt ist das Vorlagenbuch. Daher will ich einen (!) nicht perfekten (!) und sicher nicht vollständigen (!), aber MACHBAREN Weg an einem Beispiel zeigen.
"Ooooouuuu! Pferde sind schwäääääär!" höre ich immer wieder.

Natürlich kann man die auch kopieren, von einem Foto abmalen, pausen...alles legitim, alles machbar, alles kann Spaß bringen, vermutlich sogar momentan zu "perfekteren" Ergebnissen führen.
Ich will mir das Pferd "erzeichnen", es kapieren und verinnerlichen, damit ich es im Bedarfsfalle auch abwandeln, abstrahieren und bewegen kann.

Dazu gehe ich dorthin, wo es Pferde gibt, auf die Weide oder in einen Reitstall. Habe das große Glück, dass ich beim Training einer bekannten Reitstaffel dabei sein darf. Daher kommen auch die Fotos, alles meine.

Ach ja: Weil man hier im Thread ja wg. Übersichtlichkeit nicht antworten kann, werde ich, wie von Atschi erbeten, im Bereich "Anregungen und Vorschläge" bei Bedarf einen Diskussions-Thread aufmachen. PN genügt.
 
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Inge

SUPERVISOR
Das hier ist mal ein Beispiel-Foto. Die Rasse ist Andalusier, ein eher feingliedriges, nicht zu großes Pferd. Wie man sieht, ist der Mensch im Sattel sitzend ungefähr so groß wie das Pferd. Im mittleren Drittel überschneiden sich Ross und Reiter.
 

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Inge

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Das Pferd ist insgesamt etwas länger als breit. Nimmt man den Pferdekopf samt Ohren, ist der Körper grob gesagt und erstaunlicherweise nur ca. 2 Pferdeköpfe hoch (!!!) und 2 1/3 Pferdeköpfe lang.
Der Hals kommt, oben als Bogen, ca. "aus einem der oberen Ecken des Rechtecks".
 

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Inge

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Nimmt man die gesamte Pferdelänge bis über den Kopf, so sitzt der Reiter so ziemlich genau in der Mitte, nahe bei der Vorderhand des Tieres. Das wird der Statik sicher guttun :00000292:
 

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Inge

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Solche Sachen misst man vor Ort am besten ab, indem man ein Auge schließt, einen Arm ausstreckt und darin einen Bleistift, ein Zentimetermaß o. ä. senkrecht (!) hält und wie bei einem Gewehr zum Zielen drüberschaut, dann mit dem Fingernagel das Maß nimmt.

Günstig hat es sich erwiesen, eine mittlere Fixgröße (meine ist der Pferdekopf) zu nehmen und alles Andere dann in dieser Maßeinheit einzuschätzen, also 1/2 Pferdekopf, 1 Pferdekopf, 2,5 Pferdeköpfe usw.

Wichtig ist es, den Arm immer ganz ausgestreckt zu halten beim Messen. Denn wenn ihr nicht mehr im Wachstum seid, ist das dann eine fixe Größe und das Maß verzieht sich nicht. :00000295:
 

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Inge

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Rasch eine 2-Minuten-Skizze zum Verinnerlichen dieser erarbeiteten Größen. Dabei ist die Schönheit äußerst unwichtig und Ausführlichkeit unnötig. Man kann das Blatt aufheben, mit den Infos beschriften - oder einen Papiersegelflieger draus bauen. Egal.
 

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Inge

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So wie es ca.-Norm-Größenverhältnisse für Menschengesichter gibt, kann man auch für Pferde eine Auge x Pi - Anleitung aufstellen.

Wenn man den Pferdekopf grob in fünf höheneinheiten und zwei Breiteneinheiten einteilt, kommt ungefähr Folgendes heraus:

- im oberen Fünftel befinden sich die Ohren.
- im nächsten Fünftel befindet sich die Stirn, wobei die Augen (mit meist beeindruckenden Wimpern!) am unteren Ende dieser Einheit anfangen.
- die nächste Einheit ist der Rest der Augen, die Wangenknochen.
- dann kommt die Verschmälerung zum Maul zu und
- schließlich die Nase mit der Lippe.
 

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Inge

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Genauer betrachtet:
Pferdeinnennüstern und Pferdeinnenohren und sogar Pferdeaugen sind wie "Paisley-Muster", fast wie kleine gebogene Tropfen.
Die Pferdeohren haben oben einen kleinen Spitz nach leicht Innen. Sie sind unglaublich beweglich.
Pferdenasenlöcher sind mehr oder weniger riesig, schon gleich wenn sie in der Perspektive vorne liegen.
Je angestrengter/erregter das Pferd ist, desto stärker atmet es und desto aufgeblähter sind die Nüstern.
Der Pferdeschädel hat in der mitte vorne eine Furche, die sich mehr oder weniger stark abzeichnet.
Die Augen liegen seitlich-vorne am Kopf.
Die Augen liegen ungefähr so weit voneinander entfernt wie auch die Ohren. Das ist dann auch die breiteste Stelle des Pferdekopfes.
Die Backenknochen sind stark ausgeprägt.
 

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Inge

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Ungefähr zwanzigmal musste ich beim Vorbeireiten zusehen, bis ich auf den Trichter kam: Pferde lassen sich in der Perspektive von vorneseitlich wunderbar aus hochgezogenen Herzen (!) konstruieren.
 

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Inge

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Wie? ganz einfach:
Nu, der Kopf ist noch verbesserungswürdig, sieht mehr nach Brontosaurus aus und ist zu klein. :00000108:. Aber es ist ja eine Demo und es geht ja um's Prinzip....
 

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Inge

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Mit dem bisher Erarbeiteten kann ich schon mal nach Herzenslust und völlig losgelöst ein Pferd mit Reiter bewegen:

Herzilein auf's Blatt und schon geht es los:
 

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Inge

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Da sich die Pferde bei vor-Ort-Studien wesentlich schneller fortbewegen als der eifrige nachhechelnde Zeichner und partout eine Stellung nicht beibehalten wollen, kommt schon mal ein Tausendfüßler bei den Skizzen heraus. Wurstegal.
 

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Inge

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Pferdebeine sind eine interessante Sache.
Je nachdem, ob der Pferdeaufbau eher drahtiger ist, wie bei Vollblütern (man nennt das wohl "trocken") oder, wie hier beim Bayerischen Kaltblut, eher kompakt, können die Revuebeine graziler sein oder richtige Stampfer.
Gemeinsam haben sie, dass die Vorderbeine nicht an der "Vorderkante" des Pferdes sitzen, sondern sich die Brust noch davor wölbt. Je muskulöser das Tier ist, desto ausgeprägter und desto schöner kann man die zeichnen.
Das Hinterbein macht vom Pferdepopo, der "Kruppe" eine S-Kurve nach Innen und dann zum Gelenk hin nach Außen. Dann geht es relativ senkrecht erdwärts mit leichter Tendenz nach Vorne. Die Hufe selber sind VOR dem senkrechten Bein durch einen rasseabhängig mehr oder weniger grazilen "Steg" verbunden.
 

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Inge

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Normalerweise laufen Pferde so, dass immer das rechte Vorderbein und das linke Hinterbein nach vorne kommen und umgekehrt.

Nur in den seltensten Fällen laufen sie (unter Überredung des Reiters...) so wie rechts. Das nennt man dann Passgang.

Einem Fotografen glaubt man sowas, malen würde ich es eher nicht.
 

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Inge

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Von hinten betrachtet sieht so ein Pferdegestell bzw. der Zwischenraum bei breitem Stand fast aus wie ein Zwiebelturm. Der wird bei entspanntem Stand natürlich entsprechend schmal.

Pferd von hinten ist eine interessante Zeichenübung....

....die mir z. B. für dieses Bild damals äußerst nützlich war. So kann man Haltungen und Situationen selber bauen, auf die man auf der Weide vermutlich eine Weile warten müsste und - selbst wenn man sie zu sehen bekommt, nicht schnell genug auf den Fotoauslöser drückt.
 

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Inge

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Hier nochmals zum heutigen Abschluss einen ruhig stehenden Andalusier, schön seitlich und ohne Zaumzeug, Sattel und Reiter, sozusagen eine Aktaufnahme :00000295: extra für euch zu Studienzwecken.
 

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Inge

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Ich habe hier mal vereinfacht den Kopf von der Seite skizziert und die schon bekannte Aufteilung in fünf Höhenraster daneben gezeichnet.

Natürlich hat nicht jedes Pferd das gleiche Profil. Es gibt sog. "Ramsköpfe", die wohl nicht umsonst das englische Wort "Ram" = Schafbock beinhalten und schon irgendwie an Wiederkäuer erinnern. Und es gibt Ponies, die das Kindchenschema (Augen und Stirn groß, Nase kurz) bedienen.
Am häufigsten wird aber wohl der sog. "Keilkopf" dargestellt.

Wie ihr seht, könnte man sich auch einen leichten Keil als Hilfslinie einzeichnen und dann den prägnanten Backenteil als breitgezogenes "U" eintragen.
Schon ist der halbe Pferdekopf fertig.
Das Auge schön dort platzieren, wo wir es laut Schema haben, nämlich am unteren Ende bzw. unterhalb von Abschnit 2.

Und dann den Pferdekopf mit schöner Kurve in den Hals übergehen lassen.
Die Nase kann man grob als die Zahl 6 (ggf. spiegelverkehrt, klar) einzeichnen und bei Bedarf verfeinern.

Also zusammengefasst: Jeder, der bis 5 Zählen kann, einen leichten Keil zeichnen und ein breites "U", kann auch ein Pferd frei zeichnen.
 

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Inge

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Ich habe hier auch mal ein Pferdebein grob skizziert und darunter ganz deutlich die jeweiligen Kurven und Richtungen dargestellt.
Der Huf ist (Ausnahme wieder Pony, bei dem sieht man das nur minimal - aber das hat halt mit dem Urmodell so viel zu tun wie der Chihuahua mit dem Urmodell Wolf) vor dem senkrecht nach unten führenden Knochen und wird mit diesem durch die Fessel verbunden.
Bei der Darstellung von Andalusiern, welche viel Araberpferdeblut haben, würde ich eher kleine Hufe darstellen, bei der Darstellung von Kaltblütern eher große.


http://www.mounty-shop.com/temp/explorer/files/artikel_rubriken/cool_press_gamasche/Anatomie%20des%20Pferdebeines.png
 

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Inge

SUPERVISOR
Pferde haben wunderschöne Augen mit langen Wimpern.
Die Augen sitzen so am Kopf, dass das Pferd als Fluchttier möglichst einen großen Sichtradius abdecken kann, also außen und nur leicht vorne. Sie stehen in der Vorderansicht über die Gesichtskante hinaus.
Ich habe mir das bei ein paar primitiven Skizzen-Notizen und einer vor-Ort-Studie festgehalten.

Das obere Lid ist nicht genau über der Mitte des Auges am dicksten, sondern eher hinten.
 

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